Ich konnte es selbst kaum glauben, als es letztens an der Tür klingelte und ein mir nicht ganz unbekannter Herr in mein Büro spazierte. Auf meine Frage, wie ich helfen könnte, erzählte er mir, dass man ihm sein Haus zum Kauf angeboten hätte. Ich sollte nun das beste Angebot für ihn suchen.

Eigentlich ist es ja nicht meine Art Kundendetails auszuplaudern, aber in diesem Fall mache ich eine Ausnahme. Viele Dinge sind ja ohnehin hinlänglich bekannt.

Herr S. ist Ende dreißig und im ortsansässigen Atomkraftwerk beschäftigt. Zwischendurch nimmt er immer wieder unterschiedliche Jobangebote an, was sich nicht wirklich positiv auf sein Finanzierungsvorhaben auswirkt. Nachdem seine Frau M. die drei Kinder versorgt, ist Herr S. Alleinverdiener. Für die drei im Haushalt lebenden Kinder wird Familienbeihilfe bezogen. Zwischendurch nimmt Frau S. auch verschiedene Jobangebote wahr, sie ist aber nie lange genug beschäftigt, um daraus einen positiven Aspekt für die Finanzierung abzuleiten.

Die Familie verfügt über keine nennenswerten Eigenmittel. Schließlich kostet eine Familie viel Geld und Herr S. ist bekannt dafür, dass er auch etwas von seinem Gehalt bei M. in der Bar lässt. Herr S. überlegt, sich etwas Geld von seinem Nachbarn zu leihen, was mir allerdings etwas unrealistisch erscheint.

Die Frage nach den Vorbelastungen ist vielen Kunden unangenehm, aber er gibt mir bereitwillig Auskunft. Für mich ist das unabdingbar, um die Möglichkeiten genau prüfen zu können. Ich hatte diesbezüglich auch schon eine gewisse Vorahnung und tatsächlich hatte ich mich nicht geirrt. Für die neue Waschmaschine und diverse andere “Haushaltserleichterungen” hat die Familie einen Privatkredit bei einer hinlänglich bekannten Bank aufgenommen. Die beiden Autos sind geleast und auch für B.’s Handy müssen noch die Raten bezahlt werden, obwohl er es schon verloren hat. Nein!

Es wird also gar nicht so einfach werden, obwohl Herr S. natürlich davon überzeugt ist, dass sein Vorhaben problemlos umzusetzen ist. Schlussendlich prüfe ich noch die Möglichkeit einer Bürgschaft. Herr S. schlägt mir sofort seine Schwägerinnen vor, ich bezweifle allerdings, dass diese dafür wirklich zur Verfügung stehen werden.

Letztendlich erkläre ich Herrn S. noch genau welche Unterlagen ich für die Einreichung benötige und dann plaudern wir noch ein bisschen, schließlich kenne ich ihn ja schon so lange 😉

Wieder klingelt es, aber diesmal ist es der Wecker, der mich aus dem Traum reißt… Schade eigentlich, das wäre eine ordentliche Herausforderung gewesen und der Finanzierungsberater von Herrn S. zu sein, hätte mir schon gefallen!